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Trauern

Ich will nicht ans Telefon gehen, als der Anruf kommt. Will meine Ohren verschließen vor dem, was auf mich zukommt. Auch wenn ich es ahne, trifft es mich ins Mark, meine Haut kribbelt, meine Beine werden zittrig, dann sinke ich zu Boden. Die Stimme am Hörer, weit entfernt von mir. Nie wieder werde ich ihn sehen, mit ihm sprechen können. Ich falle in die Dunkelheit.
 
Die Tage danach kein Glaube an Licht, nur Schwarz. Tröstende Worte, die hinter Schleier verschwinden, schemenhaft und unendlich weit weg von mir. Kein Schmerz, kein Schrei, der sich in mir löst, nur Taubheit und Tod. Ein wächsernes Gesicht ohne Regung starrt mich morgens im Spiegel an. Hände, die zitternd nach der Tasse greifen, sind es meine? Es ist mir egal, egal.
 
Ich will nichts fühlen und sehen, nicht spüren, nicht gehen. Nachts schließe ich ihn weg, diesen dumpfen Schmerz, ich will ihn nicht in meinem Herz. Dann kommt die Wut: Warum ich? Viele Fragen, die sich durch die Düsternis bahnen. Wie soll ich das ertragen und was soll ich tun? Die Zukunft – kaum vorstellbar. Ich sehne mich nach deiner Hand in der meinen. Deine Stimme, wie wohltuend weich sie oft klang. Wie soll ich je wieder lachen können – ohne dich?
 
Ich suche nach Bildern, sie schmerzen und geben mir gleichzeitig Halt. Ich gehe auf unseren Wegen und weine, wenn ich deine Nähe spüre. Ich wandere über Felder, durch Wälder, am Fluss entlang weit weg von der Stadt. Das Laufen tut mir gut, die Natur beruhigt. Auf unseren Spazierwegen konnten wir reden, damals und heute auch. Ich spreche mit dir, über all das Gute, das war und all das, was uns trennte. Ich spreche mit dir über das Geschenk, dass es eine Zeit lang dieses Miteinander gab.
 
Jetzt kann ich ihn spüren, diesen Halt, neben der Trauer, der mich begleitet hat – die ganze Zeit. Ich muss an die Geschichte der zwei Spuren im Sand denken. Gerade in den schwersten Zeiten war nur eine Spur erkennbar, wo sonst mein Glaube mich begleitete. Doch nicht alleingelassen hat er mich, sondern in den schwersten Zeiten getragen, ohne dass ich es bemerkt hätte – Gott ist bei mir!
 
Mein Weg führt aus dem Dunkel, Schritt für Schritt ins Licht. Ich räume das Haus auf, ich rufe Freunde an, ich verabrede mich. Ich weiß, es kommen Tränen, wenn ich an dich denke, von dir rede, aber ich bin dankbar, dass es dich gab und heute noch gibt. Ich kann wieder schlafen, mein Herz findet Ruhe. Ich fühle mich anders, reifer, vielleicht auch stärker. Ich bin nicht mehr der Mensch von zuvor.
 
Es war ein grauer Jahresbeginn, der Frühling wollte und wollte nicht kommen. Doch dann habe ich ihn entdeckt. In dem ersten grünen Zweig, der sich an der Gartenhecke ins Licht streckte, in den Blüten der Krokusse auf dem Rasen. Wo gerade noch Schnee lag, bedecken nun bunte Farbtupfer den Rasen. Ich bleibe stehen und strecke mich: Ich finde Trost. Das Leben geht weiter!
 
Britta Jagusch

Spuren im Sand

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel
erstrahlten, Streiflichtern gleich,
Bilder aus meinem Leben.
Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand, meine eigene und die meines Herrn.
 
Als das letzte Bild an meinen Augen
vorübergezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte,
daß an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.
 
Besorgt fragte ich den Herrn:
"Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich,
daß in den schwersten Zeiten meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meisten brauchte?"
 
Da antwortete er: "Mein liebes Kind,
ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen."
 
Margaret Fishback Powers
 
Copyright © 1964 Margaret Fishback Powers. Übersetzt von Eva-Maria Busch. Copyright © der deutschen Übersetzung 1996: Brunnen Verlag Gießen.

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Guter Gott, ich bitte dich darum,
dass mich keine Furcht überkommt.

Guter Gott, lass mich besonnen
und mit klarem Blick erkennen,
was ich hier und heute tun kann.

Guter Gott, lass mich gut für mich
und meine Lieben sorgen.

Guter Gott, zeige mir, wie ich
anderen Menschen helfen kann.

Amen

EKHN

Bild: Mit freundlicher Genehmigung von gettyimages_stellalevi

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